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03-08-2013
Die Lust an Übermalungen
Die "Salzburg Biennale" verzeichnet schönen Publikums-Zuspruch.

Da gab es, im Mozartjahr 2006, in Salzburg "contra:com", eine Open-Air-Kunstaktion. Biennale hätte sie in Serie gehen sollen. Das hat nicht funktioniert, zu viele Veduten-Schützer haben sich über einen sommersüber in der Altstadt verkehrt auf dem Propeller rumliegenden Hubschrauber aufgeregt. Geld ist aber seither in den Budgets von Stadt, Land und Tourismuswerbung reserviert, und drum macht man alle zwei Jahre ein Festival: "Salzburg Biennale" heißt es. Aber es geht nicht mehr um Bildende Kunst, sondern um Neue Musik.

Bei der szenischen Paraphrase "Kalkwerk" am Donnerstag im republic waren gut dreihundert Zuhörer da - das ist immens viel für Salzburg und zeitgenössische Musik. Auch am ersten Wochenende verzeichnete man sehr guten Besuch. Es werden ja auch interessante und kulinarische Dinge geboten: höchst effektvoll etwa Lucia Ronchettis "Lezione di tenebra". Die 1963 geborene Italienerin hat eine Cavalli-Oper in ein (gar nicht so furchtbar) neues musikalisches Gewand verpackt. In der szenischen Umsetzung durch Matthias Rebstock konnte man sich an fantasievollen Puppen an Seilzügen erfreuen. Dazu korrespondierte inhaltlich gut George Anteils "Ballet mecanique" von 1927/1952 im Eröffnungskonzert, das kombiniert war mit Klassikern wie Edgard Varèses "Ionisation" und dessen "Ameriques" - ein mehr als effektvoller Konzertauftakt.
Am ersten Biennale-Wochenende wurde auch der Musikpreis des Landes Salzburg überreicht, an Georg Friedrich Haas.
Dessen exorbitante Höhe (60.000 Euro) wäre übrigens viel eher zu hinterfragen als das Geld, das man in die "Salzburg Biennale" insgesamt investiert.
"Palimpsest" ist Motto heuer, es geht also um die Auseinandersetzung mit Älterem. Das reizt der deutsche Komponist Helmut Oehring (geb. 1961) aus, indem er auf der Text-Basis des Romans "Kalkwerk" von Thomas Bernhard viel Musik von Schubert durch die Mangel dreht. Ein Streichquintett ist versammelt, die Musiker müssen auch simultan sprechen. Vier Schauspieler sind aufgeboten zu rätselhaften Aktionen zwischen Gemüsesteigen und ein paar Bäumchen in Blumentöpfen. Je näher die Musik an Schubert ist, umso besser, je weiter weg, umso effekthascherischer. Eine insgesamt sehr kopflastige, auf hundert Minuten etwas zähflüssige Angelegenheit.
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